Bei meinen Bewerbungscoachings fällt mir immer wieder auf, dass insbesondere die etwas jüngere Klienten und Klientinnen (der Generation Y – Jahrgänge 80-99) betonen, dass sie sich einen sicheren Job wünschen. Nicht selten werden nach wie vor Grossunternehmen und Behörden von ihnen als besonders sichere Arbeitgeber eingestuft.
Aber was heisst das eigentlich? Der Wunsch nach Sicherheit ist erst mal gut nachvollziehbar: Die Zukunft wird kalkulierbar, das Einkommen und der berufliche Aufstieg scheinen vorprogrammiert, der Häuslebau kann geplant, das Auto auf Raten gekauft werden und auch Kinder können eingeplant werden.
Vermeintlich sicher
Perfekt? Nur auf den ersten Blick. Vor einigen Jahren habe ich selbst noch bei einem solchen vermeintlich „sicheren“ Arbeitgeber, einer Grossbank, gearbeitet. Es hiess lange, „wenn man sich nichts zuschulden kommen lässt, ist man praktisch unkündbar“. Leider sind diese Zeiten bei vielen Unternehmen vorbei, nicht erst seit der Finanzkrise. Ich musste miterleben, wie vielen Kollegen und Kolleginnen, die super Arbeit geleistet hatten, in kürzester Zeit gekündigt wurde. Zurück blieben geschockte Mitarbeiter, die die Welt nicht mehr verstanden und fortan erhebliche Motivationsprobleme hatten.
Goldener Käfig
In den Jahren zuvor hatte ich aber auch viele – gerade ältere – Kollegen erlebt, die total mürrisch, genervt und schlechtgelaunt jeden Tag ins Büro kamen. Klar, sie machten ihre Arbeit, aber Motivation und Freude waren auch ihnen schon lange abhanden gekommen. Sie mussten keine Angst vor Entlassung haben. Ihr Job war sicher, aber der Preis war eine goldene Fessel in Form von Benefits, Pensionskasse etc. Sie konnten nicht mehr den Job wechseln, da die finanziellen Einbussen zu hoch gewesen wären. Unglücklich und unzufrieden im Hafen des sicheren Jobs. Absitzen bis zur Rente.
Fazit
- Es gibt nur aktuell scheinbar sichere Jobs… Die Märkte ändern sich immer schneller und was heute sicher ist, kann morgen ganz anders aussehen.
- Ein sicherer Job, wie bei einer Behörde, kann auch lähmend sein und ist „sicher“ nicht jedermanns/fraus Sache!
Und wie bekomme ich mehr Sicherheit?
Eine Alternative für mehr Sicherheit ist die sogenannte Employability, ich würde es am ehesten mit Arbeitsmarktfähigkeit übersetzen. Die Idee dahinter ist, dass man bei seiner beruflichen Entwicklung stets ein Augenmerk darauf hat, dass man mit seinen Kenntnissen und seinem Know-how am Arbeitsmarkt (noch) gefragt ist. D.h. man setzt nicht von Anfang an nur auf eine Richtung, eine Ausbildung (und erst recht nicht nur auf ein Unternehmen), sondern entwickelt sich mit dem Arbeitsmarkt mit und korrigiert immer wieder die Richtung, wenn es nötig wird. Je höher die Employability, desto sicherer kann man sein, dass man – wenn nötig – wieder einen neuen Job bekommt. Das Know-how und die eigenen Fähigkeiten werden zur Versicherung gegen Arbeitslosigkeit.
Muss ich jetzt etwas lernen, das mir keinen Spass macht?
Nein. Das heisst nicht, dass man etwas lernen soll, was einem keinen Spass macht, nur weil es aktuell auf dem Arbeitsmarkt gefragt ist. Die eigenen Stärken und Neigungen sind nach wie vor sehr wichtig, denn nur, wenn man auf seinem Fachgebiet mit viel Spass und Freude unterwegs ist und auch die richtigen Fähigkeiten mitbringt, hat man eine Chance, richtig gut und entsprechend gefragt zu sein. Man sollte aber unbedingt beachten, dass man nicht völlig am Arbeitsmarkt vorbeigeht und sich überlegen, wie sich der Beruf auch in Zukunft ausbauen und entwickeln liesse.
Worauf muss ich achten?
Wichtig ist einfach, dass man auf seinem Weg nie die Arbeitsmarktentwicklung vergisst und sich zu einseitig oder zu sehr spezialisiert. Man sollte immer im Hinterkopf behalten, dass das, was heute gefragt ist, vielleicht morgen nicht mehr gefragt ist. Und sich dann rechtzeitig überlegen, welche Zusatzqualifikationen oder Erfahrungen man braucht, um in einem solchen Fall wieder besser am Arbeitsmarkt positioniert zu sein. Das kann auch bedeuten, dass man nicht zu lange bei einem Arbeitgeber verweilt und dort einseitiges Fachwissen anhäuft, das bei keinem anderen Arbeitgeber wiederverwendet werden kann. Wenn Du im Moment einen guten Job hast, überlege Dir immer mal wieder, wie Deine Chancen ständen, wenn Du Dich in Kürze für eine neue Stelle bewerben müsstest. Studiere die Stellenanzeigen: Welche Kenntnisse oder Fähigkeiten werden dort verlangt? Welche Erfahrungen? Welche Lücken hast Du auf dem Gebiet? Welche Weiterbildungen könntest Du anstreben um diese Lücken zu schliessen? Vielleicht unterstützt Dich sogar Dein Arbeitgeber bei einer Weiterbildung. Wenn nicht, überlege Dir gut, ob eine solche Weiterbildung nicht vielleicht eine gute Investition in Dich selbst und Deine Employability wäre? Und somit in Deine zukünftige Sicherheit!? – Für fehlende Erfahrungen wäre vielleicht auch eine Jobrotation beim jetzigen Arbeitgeber oder eine temporäre Praxiszeit in einer anderen Abteilung eine Lösung. Mit etwas Kreativität lassen sich oftmals ganz interessante Lösungsmöglichkeiten finden.
Achtung: Goldener Käfig
Wenn Dir Sicherheit sehr wichtig ist, solltest Du Dir dennoch gut überlegen, welche anderen Werte Dir noch wichtig sind. Wäre es wirklich Dein Ding, viele, viele Jahre im selben Unternehmen oder bei derselben Behörde zu verbringen? Bist Du wirklich der Typ dafür? Was ist mit Deiner Neugier, Deiner Kreativität, Deiner Abenteuerlust? Versuche Dich gut in eine solche Lage hineinzuversetzen und Dir zu überlegen, ob das wirklich Dein Leben wäre? Sollte dieser Wunsch nach Sicherheit wirklich so einen hohen Stellenwert haben oder läufst Du Gefahr, dass Du Dich irgendwann todunglücklich in einem golden Käfig wiederfindest?
Was macht Dich aus?
Erforsche in jedem Fall Deine Werte, Deine wirklichen Ziele, das was Dich ausmacht, wer Du wirklich bist. Lass Dich nicht alleine von Angst und einem einzigen Wert wie „Sicherheit“ lenken. Angst ist ohnehin kein guter Ratgeber und Du hast „mit Sicherheit“ noch andere Werte, die Du leben und pflegen solltest.
Wie siehst Du das? Welchen Stellenwert hat Sicherheit bei Dir?
APR
2016